In unserer Gegend zwischen Lieps und Havelquelle gibt es noch einige Gutshäuser.
Gibt es auch Schlösser?
Das Schloss Hohenzieritz – hier 2014 vom Schlosspark aus fotografiert – ist definitiv ein Schloss.
Und das Jagdschloss Prillwitz ist ebenso ein Schloss. Warum?
Gutshaus und Herrenhaus einerseits und Schloss andererseits werden zunächst durch ihre Funktion unterschieden: Das Herren- oder Gutshaus ist immer der Mittelpunkt eines Gutshofs mit Landwirtschaft, eines Forstguts oder auch Weinguts (gewesen), während ein Schloss eben als landesherrlicher Sitz oder aber als Sitz eines Schlossgesessenen und lediglich als Wohnhaus diente.
In Mecklenburg war der Begriff des Schlosses daher ausdrücklich den landesherrlichen Sitzen vorbehalten, unabhängig von ihrer Größe oder Architektur. Das Schloss bezeichnete also ein landesherrliches Gebäude mit Wohnfunktion.
„Den Terminus ‚Schloss‘ reservierte 1755 der Jurist Friedrich Carl von Moser für landesherrliche Bauten: ‚Das Wort: Schloß kan nur von den Wohnungen regierender Herrn, und ihnen der Geburt nach gleichen gebraucht werden‘. Und das trifft nicht nur auf Residenzschlösser zu, sondern auch auf ‚alle andere im dem Land zerstreute zu einer würcklich beständigen Wohnung, oder nur zur Lust, Jagd ic. gewidmete grosse Gebäude‘. Sitzen und Häusern des Adels hingegen stehe der Begriff nicht zu, so Moser. Die Bezeichnung Schloss definiert die Architektur also über den Stand des Besitzers. Eine formale Gestaltung oder die Größe des Gebäudes sind nicht ausschlaggebend“ (Laß 2019: 245 f.).
Und so erklärt sich auch, warum in Hohenzieritz und Prillwitz Schlösser stehen. Hohenzieritz war Sommerresidenz der (Groß-) Herzöge von Mecklenburg-Strelitz, Prillwitz Jagdsitz der (Groß) Herzöge. Das historische Foto zeigt das Schloss Hohenzieritz um das Jahr 1907 (Haberland 1907: 48).
In den pommerschen Herzogtümern war es im Prinzip genauso, allerdings mit Ausnahme von Häusern, die Adelsgeschlechtern des Landes gehörten, die von den pommerschen Herzögen aufgrund ihrer Verdienste oder Bedeutung ausdrücklich das Prädikat Schlossgesessene verliehen bekamen, wiederum unabhängig vom Bautyp ihrer Häuser.
Auch die Landesbeschreibung der benachbarten Mark Brandenburg von 1373 enthält die Kategorie der Schlossgesessenen.
Das Schloss war (und ist) in Mecklenburg und Vorpommern ebenso wie in Brandenburg somit eine historisch-rechtliche und keine architektonische Bezeichnung.
Die Begriffe Gutshaus oder Herrenhaus galten indessen für niederadlige Sitze, unabhängig von ihrer Größe oder ihrem Baustil.
Und als sich vornehmlich seit dem 19. Jahrhundert im Zuge der Industriellen Revolution wohlhabende Bürger Güter kauften, auch in Mecklenburg und Pommern, galt dies auch für Guts- und Herrenhäuser in deren Besitz.
Aber in unserer Gegend werden mancherorts Gutshäuser als Schlösser bezeichnet, obwohl sie es nicht sind.
Es war einerseits wohl eine (klein-)bürgerliche Attitüde. Andererseits geschieht es heute wohl vor allem aus Marketinggründen, da es sich, etwa im Bereich des Tourismus, natürlich attraktiver anhört, in einem Schloss Ferien zu machen als in einem Guts- oder Herrenhaus.
Andererseits werden Gutshäuser auch im „Volksmund“ bisweilen als Schlösser bezeichnet.
Vielleicht kam hier früher die Zugehörigkeit zu verschiedenen Klassen in der Gesellschaft zum Ausdruck, die dazu führte, dass den abhängigen und besitzlosen Landarbeitern und Landarbeiterinnen das imponierende Haus des Gutseigentümers und Gutsherrn als Schloss erschien.
Und auch heute könnten Unterschiede in der sozialen Zugehörigkeit noch eine Ursache für die Bezeichnung von Gutshäusern als Schlösser sein.
So wird heute noch von manchen das Gutshaus in Peckatel als Schloss bezeichnet. Sogar auf Werbetafeln findet sich diese Bezeichnung.
Aber wie man es dreht oder wendet: Es bleibt unter historischen Gesichtspunkten ein Gutshaus.
Auf einer der Seiten der von engagierten Bearbeiterinnen und Bearbeitern redigierten, sehr informativen Internetseite www.gutshaeuser.de heißt es zu Recht:
„Die Bezeichnung Schloss steht nur den landesherrlichen Residenzen zu, also den Schlössern der Großherzöge und Herzöge von Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz sowie den ehemaligen Pommernherzögen aus dem Greifengeschlecht. Ausnahmen sind das Schloss Putbus als Residenz der Fürsten zu Rügen, das Schloss Granitz und das Schloss Bothmer. Weitere Herrenhäuser, die zwar zum landesfürstlichen Besitz gehörten, dienten nicht als Residenzen und sind somit nicht den Schlössern zugeordnet.
Auch wenn die einheimische Bevölkerung, die Gemeinden und andere Besitzer ihr Herrenhaus stolz als Schloss bezeichnen und vermarkten, so sind es unter kulturhistorischen Gesichtspunkten doch Herrenhäuser. Das ist keinesfalls als Wertung zu Schönheit oder Wichtigkeit von uns zu verstehen.“
Weitere Gutshäuser gibt es zwischen Lieps und Havelquelle noch in Weisdin, Usadel, Prillwitz, Blumenholz, Weisdin, Adamsdorf, Groß Vielen, Dambeck und Ankershagen. Und es gab auch welche in Pieverstorf und Klein Vielen, die heute nicht mehr existieren. Das Gutshaus in Klein Vielen wurde im Übrigen, als es noch existierte, von Menschen in diesem Dorf einst auch als Schloss bezeichnet. Und auch vom Schloss Dambeck ist bisweilen die Rede.
Quellen
https://gutshaeuser.de/de/werbetipps_und_infos/schloss_gutshaus_oder_herrenhaus (10.6.2020).
https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_(Architektur) (11.7.2020).
Haberland, M. 1907: Hohenzieritz. Mecklenburg. Zeitschrift des Heimatbundes Mecklenburg 2, Nr. 2: 47 – 50.
Laß, H. 2019: Begriffe erkunden. Schloss. In: Burgen und Schlösser. Zeitschrift für Burgenforschung und Denkmalpflege 60 (4): 245–247.
Foto Schloss Hohenzieritz: Behrens 2014.