(Gisela Krull, 2021) Langhagen, heute in Neustrelitz eingemeindet, war jahrhundertelang Pertinenz vom Gut Klein Vielen und gehörte zur Kirchgemeinde Peckatel. Die immer wieder veränderten Ortsnamen Langhagen, Langkavel, Lanckhagen oder Langhäfel weisen auf eine langgestreckte Feldflur hin. Das Dorf war und blieb klein, der Boden war leicht, die Ernte immer gering.
Die Lehnsherren, Ritter von Peccatel, hatten ausgangs des Mittelalters mehrere Höfe in Liepen und Langhagen verpfändet, anscheinend jedoch nicht wieder eingelöst, denn 1556 verkaufte Georg von Maltzan sechs Höfe mit 28 Hufen an den mecklenburgischen Herzog, 1608 überließ dieser Claus Holsten vier Bauern in Liepen und Langhagen.
In Langhagen wohnten und wirtschafteten im 16. und 17. Jahrhundert, also vor dem Dreißigjährigen Krieg, vier Bauern und ein Einlieger. Die Bauern besaßen je 2 Hufen Ackerland und etwas Butenacker. Das war Land außerhalb der festgelegten Feldflur. Es wurde nicht zum Besitz gerechnet, weil es sich die Bauern aus eigenem Antrieb zunutze machten, indem sie Busch oder Seeufer rodeten. Der zusätzliche Ernteertrag sollte das geringe Einkommen aufbessern. Nach mehrjähriger Nutzung wurden die Splitterflächen doch dem Hufenbesitz zugerechnet und versteuert.
An Pacht hatten die Langhägener Bauern dem Lehnsherrn, also dem Besitzer des Gutes Klein Vielen, zu geben „3 ß (Schillinge) Geld, 2 Scheffel Rocken, 2 Scheffel Haber, 1 zuchtlamb, 1 Rauchhuhn, 4 Zöpfe Flachß“.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) waren alle Gebäude zerstört und die Leute entweder tot oder weggelaufen. Das Dorf gehörte noch immer zum ritterschaftlichen Gut Klein Vielen, war jedoch schon vor dem Krieg, wie oben erwähnt, an mehrere Adelsfamilien verpfändet gewesen. Deshalb hatte es damals schon Streit wegen der Grenzen des Dorfes und des dörflichen Eigentums gegeben. Nun fehlten Zeugen und Urkunden, die die Verhältnisse hätten klären können, darum brach der Streit von Neuem aus. Obwohl kein Mensch in Langhagen wohnte, stritt man über den Boden als Erwerbsquelle. Immerhin gehörten zu Dorf und Feldflur zwei Seen, einer mit vier, der andere mit neun Wadenzügen.
Samuel Kistenmacher besaß 1682 je einen Bauernhof in Kuhstall und Langhagen. In dem größeren in Kuhstall wirtschaftete Hanß Johansen und in Langhagen, dem kleineren, Christian Franck. Das geht aus dem Steuerzettel von 1682 hervor. Im Beichtkinderverzeichnis von 1704 erwähnte der Peckateler Pastor Haselberg Langhagen mit wenigen Einwohnern. Im Verzeichnis von 1751 schrieb Pastor Schröder zu Langhagen: „Herrn W.O. Haken gehörig“, er führt an einen Verwalter mit Frau, Sohn und Tochter, sechs Dienstboten, vier Einlieger, einen Schäfer und (wahrscheinlich) 3 Schäferknechte. In dem Verzeichnis der Landgüter von 1797 ist Langhagen mit der Größe von 380.954 Quadratruthen angegeben. Das sind umgerechnet ca. 826 Hektar.
Wie aus den Martinilisten hervorgeht, blieb Langhagen die nächsten Jahrzehnte Nebengut von Klein Vielen. 1815 verkaufte der damalige Besitzer Graf Blumenthal seine Begüterung an den Brandenburgischen Rechtsanwalt Rudolph Jahn. Langhagen gehörte von 1835 bis 1840 Hermann Jahn, dem erstgeborenen Sohn Rudolphs, und von 1840 bis 1841 dem zweitgeborenen Sohn Eduard Jahn. Da das kleine Gut nur geringe Erträge einbrachte, verkaufte er es an den Mecklenburgisch-Schwerinschen Staat.
Aus einer Arbeit des Revierförsters Sonnenberg: „Die Oberförsterei Langhagen gab es bis 1873 nicht, weil Langhagen als Domäne Mecklenburg-Schweriner Besitz war. Dieser Besitz lag vollkommen im Strelitzer Land und wurde von unseren Forsten umschlossen, die von der weitabgelegenen viel zu großen Oberförsterei Mirow verwaltet wurde.
Dem […] Fachmann und Organisator, Landesforstmeister von Nordenflycht, ist es auch hier wohl zuzuschreiben, daß eine Änderung eintreten müßte, wenn die abseitsgelegenen Reviere fachgemäß mit Erfolg bewirtschaftet werden sollten.
Auch dieses Problem löste er nach einer hiesigen zehnjährigen Praxis. So wurde Langhagen 1871 von Mecklenburg-Strelitz angekauft oder anderweitig erworben.
Diese Enklave, die als Domäne genutzt wurde, hatte leichtesten Boden und eignete sich folge dessen ertragsgemäß nur zum Forstbetrieb.
Der umfaßte folgende Reviere: Die Förstereien Babke, Priesterbäk, Langhagen, Prälank und Groß Quassow. …
Die Revierbeamten waren:
1. Oberförster Rudolf Hahn von 1873 – 1888
2. Forstmeister Friedrich von Wenckstern von 1888 – 1923
3. Forstmeister Veit von Seckendorff 1924 – 1945.“
Ludwig Schultz kam 1924 als Forsteleve und Forstschreiber nach Langhagen. Er beschrieb die Ortschaft so: „Der Ort Langhagen bestand aus einem früheren Gutsgehöft – jetzt Oberförsterei – und zwei Landarbeiterhäusern – jetzt Forstarbeiterwohnungen – mitten im Walde, am Langhägener See gelegen. … In den beiden Forstkaten wohnten der Ackerpächter und Fuhrmann Wiese, der Kutscher des Forstmeisters Rossow und die Waldarbeiter Christian Böckler, Heinrich Tiedt und die beiden Reckentin’s, Georg und Karl.
Das Forstamtsgehöft besaß vorne einen herrschaftlichen Aufgang und an den Giebeln einen Ausgang zum herrschaftlichen Park mit Garten und einen für das Personal und Publikum. Nach hinten heraus befand sich die Küche mit Ausgang zum Hof. Neben diesem lag ein Seitenflügel mit Wirtschaftsräumen.“
An anderer Stelle schreibt Schultz: „Die Ländereien von etwa 800 bis 1.000 ha meist geringer Bonitäten wurden in den Jahren 1872 bis 1890 mit Kiefer aufgeforstet. Diese, zusammen mit dem etwa 200 ha großen Rehhagen, wo Kiefern auf altem Waldboden stockten, waren das sogenannte ‚Spezialrevier des Oberförsters bzw. Forstmeisters.‘
Von Seckendorff machte es zu einem selbständigen Revier, das mit Zustimmung des Ministeriums der dort beschäftigte junge Revierjäger Wilhelm Holldorf … betreute.“
So oder so ähnlich blieben die Verhältnisse bis zum Kriegsende 1945. Die Entwicklung danach bleibt noch zu erforschen. Als Baudenkmale sind im Internet angeführt, das ehemalige Gutshaus bzw. Forsthaus, die Friedhofskapelle und der alte Friedhof mit Gräbern und Grabsteinen. Friedhofskapelle und Friedhof machen neugierig auf die kirchlichen Verhältnisse des kleinen Ortes.
Kirchliche Verhältnisse seit der Kolonisationszeit
Nach Ausführungen des Kirchenhistorikers Karl Schmaltz wäre es möglich, dass zur Zeit der Christianisierung die Kirchen in Liepen und Langhagen gebaut wurden, die Liepener als Mutterkirche und Langhagen als deren Filial. Vielleicht lohnte sich das kleine Kirchspiel nicht, denn Liepen soll eine Zeit lang zur Mater von Ankershagen gehört haben. Liepen und Langhagen waren zu jeder Zeit kirchlich eng verbunden. Noch vor dem Dreißigjährigen Krieg wurden die Dörfer der Kirchgemeinde Kratzeburg zugeordnet.
Beide Kirchdörfer unterstanden dem ritterschaftlichen Patronat und wurden 1651 von Peckatel beansprucht. Langhagen ging die Bedeutung als Kirchdorf verloren, weil das Gebäude völlig zerstört war, nur das Altarbild blieb erhalten. Die Glocken hatte ein Pastor oder Küster während des Kriegsgeschehens vergraben, um sie vor den Landsknechten zu schützen. Sie wurden, als Ruhe eingekehrt war, gefunden, in welcher Kirche sie künftig den Gottesdienst einläuteten, ist unbekannt. Im Gegensatz zu Klein Vielen, wo von der Kirche auch nur noch einen „steinhauffen“ anzutreffen war, blieb der Langhägener Friedhof bestehen.
Als sich 1661 die Visitatoren Liepen näherten, um die kirchlichen Verhältnisse zu überprüfen, ließen die Liepener Bauern sie nicht in das Dorf. Sie lehnten die Eingemeindung nach Peckatel ab. Das könnte der Einfluss der Kratzeburger gewesen sein, die nicht auf Liepen und Langhagen verzichten wollten, wobei Liepen sicher wichtiger war. Nach dem Krieg wohnten in den Dörfern kaum noch Leute, z.B. in Peckatel zwei, in Klein Vielen einer. Dagegen wirtschafteten in Liepen schon wieder 17 Bauern auf ihren Höfen, vor dem Krieg waren es 19 gewesen. Der Geistliche in Kratzeburg wollte vermutlich nicht auf die reichen Pfründe von dort verzichten. Es half aber nichts, das Kirchdorf Liepen mit Langhagen wechselte zur Pfarrkirche Peckatel. Aus dem oben genannten Grund fehlen In dem Protokoll zur Kirchenvisitation im Kirchspiel Peckatel die Dörfer Liepen und Langhagen.
Der Grund für die Veränderung war vermutlich auch der Charakter der Dörfer. Kratzeburg und Umgebung gehörte zu den Heidedörfern und zum Amt Mirow. Liepen und Langhagen unterstanden seit Jahrhunderten dem Patronat der Peccatel, die 1274 auch das Kirchenlehn bekommen hatten.
1696 trat Pastor Haselberg als erster Pfarrer nach dem Krieg die Stelle in Peckatel an. Langhagen und Liepen wurden nun ordnungsgemäß von Peckatel aus kirchlich betreut. Freundlich äußerte sich Haselberg zu den dortigen Einwohnern nicht. Die Gebäude in den eingepfarrten Dörfern waren zum Teil Ruinen, die Felder noch nicht „rein“, die Ernten gering. Aus Langhagen standen dem Pastor, wie Haselberg behauptete, von 17 Hufen 17 Scheffel zu, für den Küster ein Viert. Davon lieferten die Bauern nur ½ Viert. Sie begründeten den fehlenden Teil damit, dass sie nur Sandboden hätten. Der Pastor lässt die Entschuldigung nicht gelten, denn „Sandhuven sind größer als Kleyhuven“.
Das Pfarrhaus in Peckatel und die zugehörigen Wirtschaftsgebäude waren auch Ruinen und deshalb unbewohnbar bzw. unbrauchbar. Haselberg verlangte von allen Eingepfarrten, den ganzen Pfarrhof wieder aufzubauen. Zunächst weigerten sich die Bauern, aber 1706 hatten sie es geschafft, auch die Langhägener hatten ihren Anteil geleistet.
Mindestens seit 1696 gingen die Einwohner von Langhagen zu Gottesdiensten und Festen, wie Taufen, Konfirmation, Trauungen, in die Kirche nach Liepen. Die Beerdigungen fanden in Langhagen statt, eine verfallene Friedhofskapelle steht heute noch. Die Kinder besuchten die Schule in Liepen, nach 1873 wurden sie wegen der geringeren Entfernung in Prälanck eingeschult, die Konfirmation erhielten sie weiterhin in Liepen oder Peckatel.
Nach dem Ersten Weltkrieg nannte der Peckateler Pastor neben allen anderen auch die Namen der Gefallenen aus Langhagen. Seit wann die Langhägener nicht mehr in Peckatel eingepfarrt sind, war nicht feststellbar, augenblicklich kann keiner auf das Pfarrarchiv der Mutterkirche Peckatel zurückgreifen.
Quellen und Literatur
Beichtkinderverzeichnisse 1704 und 1751.
Hackert, Walter: Bericht über die Entwicklung des Reviers Klein Vielen vor 1945 und nach 1945. Typoskript. KWA Neustrelitz
Krull, Karlfried: Chotibanz. Beiträge zur Kulturgeschichte einer mecklenburgischen Region. Typoskript. KWA Neustrelitz.
Krull, Karlfried: Vom slawischen Kostal zum deutschen Kuhstall. Typoskript. KWA Neustrelitz.
Martinilisten der Mutterkirche Peckatel um 1800. Pfarrarchiv Peckatel.
Piersig, Erhard: Die Kirchspiele im Amt Mirow nach dem Dreißigjährigen Krieg. In: Jahrbuch für Mecklenburgische Kirchengeschichte. Redaria Verlag Wismar 1998.
Schultz, Ludwig: Jahrhunderte im Dienst der Wälder. Tessin 2001.
Sonnenberg, Franz: Kommen und Gehen einstmaliger Mecklenburg-Strelitzer Staatsforstbeamten.
Typoskript. KWA Neustrelitz.