Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften

Zur „Kollektivierung“ der Landwirtschaft in der Gemeinde Klein Vielen

Als erste Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG) auf dem Gebiet der Gemeinde wurden 1953 die LPG „Karl Marx“ in Klein Vielen und eine LPG in Adamsdorf gegründet – bei beiden handelte es sich um „LPG Typ III“. Kurzzeitig bestand zwischen 1952/53 und 1955 auch ein „B.Ö.L. Peckatel“, dessen Mitglieder sich dann der LPG „Karl Marx“ anschlossen.
1960 folgten die Gründung der LPG „Einigkeit“ in Peckatel und der LPG „Goldene Ähre“ in Hartwigsdorf. Beide galten als „LPG Typ I“. Die in Hartwigsdorf war durch den Zusammenschluss von nur vier Bauern gebildet worden.
In der DDR gab es drei verschiedene Typen der LPG. Je nach Typ wurden von den Bauern dabei ihr Boden (Typ I), dazu ihre Maschinen (Typ II) und dazu der gesamte landwirtschaftliche Betrieb mit Vieh, Maschinen und Gebäuden (Typ III) in die Genossenschaft eingebracht. Die Bauern mussten darüber hinaus noch Bargeld einbringen (Inventarbeitrag).
Den Typ II gab es nur vereinzelt. Betriebe des Typs III waren anfangs selten, vor allem wegen fehlender Akzeptanz bei den Einzelbauern, aber auch, weil es an ausreichend großen Anlagen und Stallungen für die gemeinsame Produktion mangelte. Viele LPG wandelten sich erst später, oftmals unter Druck von SED und Staat, vom Typ I oder II in den nunmehr dominierenden Typ III um, begleitet durch Investitionen in den Bau neuer Anlagen, in dessen Folge viele ehemals bäuerliche Wirtschaftsgebäude durch fehlende Ersatzinvestitionen verfielen.
Den beiden LPG I-Betrieben in der Gemeinde Klein Vielen wurde 1964 eine gute Entwicklung bescheinigt, als vorbildhaft galt die LPG „Einigkeit“ in Peckatel, die um 1960 Sieger in einem Wettbewerb unter allen LPG der DDR wurde. Dies wurde auf einem vom Bezirksvorstand Neubrandenburg der „Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe“ und von der Zeitung „Der Genossenschaftsbauer“ herausgegebenen Plakat gewürdigt (siehe Abbildung), das möglicherweise auch als Beitrag des Bezirks zum VI. „Bauernkongreß“ der DDR in Rostock diente.

„Peckatel zeigt: Es geht sehr gut!“ – Plakat der VdgB-Bezirksleitung Neubrandenburg und der Zeitung „Der Genossenschaftsbauer“, 1960.

1964 wurde die Leitungs- und Wirtschaftstätigkeit der LPG „Einigkeit“ als gut eingeschätzt, ideologisch waren ihre Mitglieder offenbar noch nicht „auf Linie“, denn es hieß, „[…] daß es erhebliche Arbeit hinsichtlich der sozialistischen Bewußtseinsbildung unter den Mitgliedern der Genossenschaft gibt.
Die LPG „Karl Marx“ in Klein Vielen, die vor allem von den wirtschaftlich weniger gut gestellten Siedlern gebildet worden war, die über die Bodenreform 1945 Land im Umfang zwischen 6 und etwa 10 Hektar bekommen hatten, hatte schrittweise auch „frei werdende“ Flächen von Siedlern übernehmen müssen, die in die Bundesrepublik geflohen waren.
Allein in der Gemeinde Peckatel gehörten zu den „Republikflüchtlingen“ zum Beispiel Heinz Mann/Jennyhof (November 1951), Alfons Schmidt/Brustorf (geflohen am 27.3.1953), Willi Buchert/Peckatel (10.4.1953), Familie Rathloff-Havlin/Jennyhof (1953), Bruno Schriewer/Peckatel (1954), Paul Harnisch/Jennyhof (1955) oder Wilhelm Kabelitz/Brustorf (1953).
In die LPG „Karl Marx“ traten 1960 die letzten Einzelbauern ein, auch die Mitglieder der LPG in Hartwigsdorf traten der LPG „Karl Marx“ bei, die in dieser Zeit allein schon wegen ihrer technisch-materiell schwachen Ausstattung vor enormen Herausforderungen stand. Anfang 1960 bewirtschaftete die LPG „Karl Marx“ bereits 60 Prozent des Gebietes beider Gemeinden.
Die LPG in Adamsdorf und Peckatel wurden schließlich mit der LPG Klein Vielen zusammengelegt, so dass die Bewirtschaftung des Bodens nun von einem Betrieb „gemanagt“ wurde.

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Original-Bildunterschrift: „Bürgermeister und Kreistagsabgeordneter unterstützt Bau von Rinderoffenställen 30.000 DM wollen die Genossenschaftsbauern von Klein Vielen, Kreis Neustrelitz beim Bau des Rinderoffenstalles einsparen. Die ersparten Mittel sollen für den Bau eines Schweinestalles verwendet werden. Jedes LPG-Mitglied hat sich verpflichtet, im NAW 10 Stunden am Offenstallbau mitzuarbeiten. UBz: An der Baustelle beraten der Bürgermeister Gerhard Kahnt der Gemeinde Peckatel und der Kreistagsabgeordnete Herbert Wegner (rechts) mit dem Rinderpfleger Arthur Lauterwald (Mitte), wie mehr örtliche Reserven ausgenutzt und die Bewohner der Gemeinde sowie die Patenbetriebe für weitere Solidaritätseinsätze gewonnen werden können.“ – Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-65483-0001 / CC-BY-SA 3.0. Aufnahme: Martin, 30.6.1959.

Quellen:
Kreisarchiv Mecklenburgische Seenplatte, Regionalstelle Neustrelitz, Signatur Nr. 1034, Protokolle und Beschlüsse Gemeinde Klein Vielen 1958-1966, Signatur Nr. 1598, Republikfluchten 1953-1959 und Signatur Nr. 1599 Volkspolizei und Justiz, Arbeit mit Kreisgericht.
Einen knappen Überblick über LPG-Typen bietet das Internet-Lexikon Widipedia unter https://de.wikipedia.org/wiki/Landwirtschaftliche_Produktionsgenossenschaft