Das Krug-Gebäude in Hohenzieritz

Ein Entwurf von Friedrich Wilhelm Dunckelberg (1773–1844)

1804 – nach einer anderen Quelle 1807 – ließ Herzog Carl von Mecklenburg-Strelitz (1741–1816) an der Dorfstraße Hohenzieritz in der Achse des Schlosses ein imposantes Gebäude bauen, das den Dorfkrug beherbergte.
Der Architekt dieses Gebäudes war der Kammeringenieur (Ingenieur der Hofkammer) und Landbaumeister im Herzogtum bzw. Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz, Friedrich Wilhelm Dunckelberg (auch Dunkelberg geschrieben).
Der Autor eines Aufsatzes über Dunckelberg für die historisch-literarische Zeitschrift „Carolinum“, Paul Martins, charakterisierte das Krug-Gebäude so:
„An Dunckelbergs Urheberschaft ist nicht zu zweifeln, obwohl die Fassade von seinen anderen Werken dadurch abweicht, daß die senkrechte Gliederung die waagerechte Schichtung der Stockwerke überwiegt. Vielleicht ist damit eine Angleichung an die große Pilasterarchitektur des Schlosses beabsichtigt. Die mittlere der sieben Achsen ist als Risalit vorgezogen, das die Haustür in einer Rundbogenblende enthält. Die Fenster liegen in Rücksprüngen, die vom Sockel bis nahe unter das Gesims reichen, sodaß die eigentliche vordere Wandfläche nur durch einen ganz schmalen Streifen oben ihren Zusammenhang wahrt, eine Aufteilung, die in der spätbarocken Bauweise häufiger ist, aber um die Zeit nach 1800 kaum noch vorkommt. Der vertikale Charakter der Fassadengliederung wird durch die starken Gesimse über den Erdgeschoßfenstern unterbrochen.“ (Martins 1979: 27)

Den Neustrelitzer Architekt Konrad Hustaedt faszinierte Anfang des 20. Jahrhunderts besonders die Dachform des Kruges, die er als Bohlensparrendach kennzeichnete, das einst der französische Architekt und Kunstschriftsteller Philibert de Lorme (1515–1570) entworfen hatte:
„Eine nicht minder interessante, anmutige, wenngleich nicht so malerische Dachform, welche in unserer engeren Heimat gegen Ende des 18. Jahrhundert
s, hauptsächlich jedoch im Anfang des 19., als Begleiterscheinung der klassizistischen Epoche nun das Mansardendach, welches besonders, wie ich zu sagen versuchte, in der Zeit des Rokoko herrschend war, ablöste, ist das ‚Bohlensparrendach‘.
Auch dieser äußerst wirksamen, bei gelungener Ausführung durch reizvolle Silhouette fesselnde und von künstlerischen wie ästhetischen Gesichtspunkten reichen Dachform begegnen wir in einigen gefälligen geschmackvollen Stücken, abgesehen von anderen Orten unserer Heimat, in unserer Stadt [Neustrelitz].
Hier war es der fein begabte […] Friedrich Wilhelm Dunckelberg 1773–1844, der Träger der klassizistischen Epoche in unserer engeren Heimat, dessen reichem Können wir so manches wertvolle bedeutende architektonische und bildnerische Werk verdanken, durch welches diese Form eine große Beliebtheit gewann […]. (Hustaedt 1914: 17)
In Hustaedts Aufsatz findet sich auch das nebenstehende Foto, das auch Motiv der auf dieser Seite abgebildeten Postkarte aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts war, als eine Familie Warncke den Krug führte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg diente das Krug-Gebäude weiterhin als Gaststätte von Hohenzieritz, später dann als Werkküche des Volkseigenen Gutes Hohenzieritz und danach als Konsumverkaufsstelle. 1970 wurden im Obergeschoss und unter dem Dach vier damals moderne Wohnungen eingerichtet. Offenbar wurden in diesem Zusammenhang drei Dachfenster eingebaut, die stehenden Schleppdachgauben ähneln, wobei die Fenster leider ohne Sprossen blieben. Bei einem Vergleich zwischen dem bei Hustaedt 1914 abgebildeten Foto und der Postkarte (ganz oben), die danach entstanden sein muss, fällt auf, dass Dunckelberg ursprünglich zur Belichtung des Dachbodens in der Dachfläche eine Fledermausgaube angeordnet hatte.
Der große Dachboden diente jahrelang als Trockenboden für die Wäscherei der Bäuerlichen Handelsgenossenschaft Hohenzieritz, die von 1953 bis 1974 im Schloss untergebracht war.
Leider steht das Krug-Gebäude seit vielen Jahren leer und wartet auf die Erweckung aus dem Dornröschenschlaf. Es muss unbedingt erhalten werden, denn die Zahl der von Dunckelberg hinterlassenen Bauten ist überschaubar!!

Wer war Baumeister Friedrich Wilhelm Dunckelberg?
Er wurde am 3. November 1773 in Görzke (Brandenburg) geboren und starb am 12. Februar 1844 in Neustrelitz. Nach Abschluss seiner Schulausbildung erlernte er das Baufach. In Berlin hörte er Vorlesungen am Oberbaudepartment, der späteren Berliner Bauakademie. 1795 bestand er das Examen als Feldmesser. 1801 erhielt er eine Anstellung als Feldmesser in Neustrelitz und wurde dort 1806 zum Landbaumeister befördert. Sein Schwiegersohn war der Hofbaumeister Friedrich Wilhelm Buttel.
Fünf Kirchen, etliche Wohnhäuser in Fürstenberg (im Zuge des Wiederaufbaus nach einem großen Brand), das einstige Gymnasium in der Glambecker Straße und das ehemalige Badehaus in Neustrelitz und zahlreiche ländliche Bauten, so das Wassermühlengehöft in Fleeth, das Försterhaus in Hinrichshagen und das Gutspächterhaus in Rowa, wurden nach Dunckelbergs Entwürfen gebaut.
Paul Martins schrieb über Dunckelberg in einem weiteren Aufsatz:
„Sein Leben verläuft in stillen Bahnen […] seine architektonischen Werke (fallen) nur in die Jahre 1802-17, noch wieder unterbrochen durch die Kriegszeiten. Für seine Entwürfe hatte er nur in den Wintermonaten Zeit, im Sommer mußte er dauernd im Lande unterwegs sein zur Beaufsichtigung der weit verstreuten Bauten, der Ziegeleien und Kalkbrennereien und für die Vermessungsarbeiten.
Die Bauten, die Dunckelberg in Mecklenburg-Strelitz geschaffen hat, sind bescheiden und schlicht, zum großen Teilliegen sie auf dem Lande. Erfreulich ist, daß sich ein reicher Schatz seiner Zeichnungen im Neustrelitzer Archiv erhalten hat. Am interessantesten sind die Kirchen, die er gebaut hat, fünf an der Zahl, alle für ganz kleine Gemeinden unter steter Schwierigkeit der Baukostenbeschaffung errichtet. Der erste Platz unter ihnen gebührt der Hohenzieritzer, die auf dem wundervoll gelegenen ländlichen Besitz des Herzogs dem Schlosse gegenüber liegt. In diesem kleinen Zentralbau gewinnt Dunckelbergs Schaffen eine Höhe, die ihn den großen Meistern seiner Zeit ebenbürtig erscheinen läßt. Was hätte er noch leisten können, wenn ihm weiter solche und größere Aufgaben gestellt wären! Aber es war eine Zeit bitterster Armut, nur das Allernotwendigste und das mit den bescheidensten Mitteln durfte gebaut werden, die napoleonischen Kriege hatten auch Mecklenburg in Mitleidenschaft gezogen. So sind auch die beiden anderen Rundkirchen Dunekelbergs in Dolgen und Gramelow von größter Einfachheit, ebenso schlicht ist die rechteckige Schillersdorfer Kirche, und nur in Rödlin konnte wieder ein etwas ansehnlicherer Bau errichtet werden“ (Martins 1989: 59 f.).

 

Quellen
Hustaedt, K. 1914: Die Schönheit des Daches – ein Beitrag zur Heimatkunde. Mecklenburg, Zeitschrift des Heimatbundes Mecklenburg 9 (1): 9-19, Foto: S. 17
IPSE Neustrelitz (o. J.): Materialsammlung zur Chronik der Gemeinde Hohenzieritz. Ordner II/VIII, Ortsteil Hohenzieritz, Historische Gebäude [mit den Informationen zur Nutzung des Krug-Gebäudes nach dem Zweiten Weltkrieg].
Martins, P. 1979: Friedrich Wilhelm Dunckelberg, ein Mecklenburg-Strelitzer Landbaumeister um 1800. Carolinum – historisch-literarische Zeitschrift 43 (81): 7–35.
Martins, F. 1989: F. W. Dunckelberg – ein mecklenburgischer Baumeister um 1800. Carolinum – historisch-literarische Zeitschrift 53 (101): 49–53.